Meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir sprachen in der letzten Woche über die Freudsche Phasenlehre und es herrschte Skepsis im Raum. Ich kann Ihnen aber gerade in diesem Augenblick ein Beispiel für die Richtigkeit der Annahmen und besonders für das Phänomen der Fixierung, das Hinüberretten frühkindlicher Lustempfindung in das Erwachsenensein geben.
Erinnern Sie sich an die Oralphase?
Der Säugling empfindet Lust beim Saugen, lernt er doch, dass durch dieses Mund-Werk einer der Urtriebe befriedigt wird, der Nahrungstrieb. Darüber hinaus empfindet er beim Stillen eine weitere Lust, die Lust der Nähe, der Wärme, der Geborgenheit. Die sensiblen Oberflächen der Lippen ertasten weiche, warme Haut. Und Liebe geht nun einmal durch die Haut, wie Morris sagt.
Was geschieht nun, wenn ein Säugling in diesem Stadium fixiert wird?
Er rettet das Lustempfinden in die Phase des Erwachsenseins und sucht daher jede Gelegenheit wahrzunehmen, die es ihm ermöglicht, diese Lust zu empfinden, das heißt, er wird ein zärtlicher und stets Zärtlichkeit suchender Liebespartner.
Nun erlaubt es unsere Gesellschaft trotz aller Freizügigkeit nicht, sich dieser Lustbefriedigung ungehemmt in aller Öffentlichkeit hinzugeben. Wie es dann trotzdem möglich ist, dass ein oral fixiertes Individuum, wenn es sich in der Öffentlichkeit befindet und Lust verspürt, einen Weg zu finden, diese Lust zu befriedigen?
Es schafft sich eine Ersatzbefriedigung, die es umso mehr befriedigt, je mehr es der real entgangenen Lustbefriedigung nahe kommt: kurz, das Individuum kompensiert.
Männer und Frauen haben dafür unterschiedliche Methoden entwickelt.
Sie alle haben schon einmal gesehen, wie gestandene Männer, würdige Herren, zufrieden, oft gar verklärt an einer Zigarre nuckeln.
Vergegenwärtigen Sie sich das Bild!
Sie müssen zugeben, Mundstellung und Mundbewegung sind genau gleich denen eines trinkenden Säuglings.
Die Form der Zigarre und deren Farbe machen für den Mann die Illusion perfekt!
Frauen dagegen nehmen eine, vielleicht darf ich sagen, physische Verinnerlichung vor. Ihr orales Lustempfinden erreicht seinen Höhepunkt hinter den Lippen, im Mund und Rachenraum.
Frauen bevorzugen den Gaumenkitzel.
Wie äußert sich nun diese Art der Kompensation?
Frauen mögen Sahne, Pralinen, weichen Kuchen, die sie lustvoll unter den Gaumen drücken können.
Frauen mögen vor allem die amerikanische Form kompensierter Lustbefreidigung:
Chewing Gum.
Und nun, meine Herren, schauen Sie sich um!
Wenn Sie jetzt einige der Damen mit Inbrunst Gummi kauen sehen, dann wissen Sie, dass diese, statt meinem langweiligen Vortrag zu lauschen, viel lieber geküsst werden möchten.
Tun Sie’s!