Dr. Wolfgang Hubach

„Hallo?“

„Ja.“

„Sind Sie am Telefon?“

„Ja.“

„Herr Jablonka?“

„Ja.“

„Herr Johann Jablonka?“

„Ja.“

„Herr Jablonka, ich rufe Sie an im Auftrag der Anlageberatung Aba Altherrsheim GmbH & CO. KG.“

„Ja.“

„Ein absolut seriöses Unternehmen, wie der Firmenname schon sagt.“

„Ja.“

„Absolut sicher, schon durch die Wahl der Unternehmensform.“

„Ja.“

„Herr Jablonka?“

„Ja.“

„Herr Jablonka, wir wissen dass Sie ein fleißiger, umsichtiger Sparer sind, der einiges Vermögen angehäuft hat.“

„Ja.“

„Herr Jablonka, ein Vermögen lässt sich vervielfachen, wenn es dem Vermögenden gelingt, mit entsprechender Rendite anzulegen.“

„Ja.“

„Geld muss hecken! Verstehen Sie?“

„Ja.“

„Ich zweifle nicht, mein lieber Herr Jablonka, das Sie einen natürlichen Instinkt haben, wenn es darum geht, das Äußerste an Rendite herauszuholen.“

„Ja.“

„Ich bin deshalb auch sicher, dass Sie Ihre Dispositionen langfristig getroffen haben …“

„Ja.“

„ … so dass Sie gar nicht oder nur unter einem gewissen Zinsverlust auf lukrativere Anlagen umsteigen könnten.“

„Ja.“

„Das entsprechende Angebot müsste also äußerst lukrativ sein, äußerst, um Sie bewegen zu können, umzusteigen.“

„Ja.“

„Ich glaube, nein, ich bin überzeugt, Ihnen ein einmalig lukratives Angebot unterbreiten zu können.“

„Ja.“

„Gestatten Sie mir vorher noch eine Frage?“

„Ja.“

„Herr Jablonka, wissen Sie eigentlich, was Jablonka auf Deutsch heißt? Apfelbäumchen!“

„Ja.“

„Apfelbäumchen, Herr Jablonka!“

„Ja.“

„Wenn das kein Omen ist!“

„Ja.“

„Mein Großvater hat auch Jablonka geheißen.“

„Ja.“

„Vielleicht sind wir gar miteinander verwandt.“

„Ja.“

„Also, mein lieber Freund.“

„Ja.“

„Sie lesen doch täglich den Börsenbericht.“

„Ja.“

„Dann ist Ihnen bestimmt nicht entgangen, mein lieber Herr Jablonka, dass erhebliche Unruhe in der Kulisse herrscht.“

„Ja.“

„Positive Unruhe, wenn ich so sagen darf.“

„Ja.“

„Für uns kam das nicht überraschend, weil wir engen Kontakt zum Berufshandel pflegen, weshalb wir auch manch dicken Fisch an Land ziehen konnten, verstehen Sie?“

„Ja.“

„Gut, mein bester Herr Jablonka. Darf ich Ihnen deshalb mein einmaliges Angebot unterbreiten?“

„Ja.“

„Herr Jablonka! Die Anlageberatung Aba Altherrsheim GmbH & CO. KG beabsichtigt, einen in der Wirtschaftsgeschichte unseres Landes einmaligen Schritt. Erstmalig, Herr Jablonka, und ich bitte Sie, das, was ich Ihnen anvertraue, als strengst vertraulich zu behandeln!“

„Ja.“

„Versprochen?“

„Ja.“

„Wir verstehen uns?“

„Ja.“

„Also, Verehrtester, einen in der Wirtschaftsgeschichte einmaligen Schritt! Wir wollen an die Börse!“

„Ja.“

„An die Börse, Herr Jablonka!“

„Ja.“

„Die AbA an die Börse!“

„Ja.“

„Fühlen sie das erhabene Schauern an diesen Gedanken?“

„Ja.“

„Herr Jablonka! Sie sind ein alter Hase! Was Ihre Anlagegenialität angeht, ein Adler unter den Falken! Was Ihre Seriosität angeht, ein weißer Schwan unter einer Horde hässlicher Entlein!“

„Ja.“

„Sie wissen es, Herr Jablonka und Sie geben es freiwillig zu, Herr Jablonka. Großartig, sage ich! Phantastisch!“

„Ja.“

„Und nun mein einmaliges Angebot. Sitzen sie fest?“

„Ja.“

„Das müssen Sie auch, sonst wirft Sie die Gewinnaussicht direkt vom Hocker!“

„Ja.“

„Her Jablonka, wir bieten Ihnen im Vorfeld der Überlegungen zur Einführung unseres Unternehmens an der Börse eine Art Vorzugsaktie zu zeichnen, noch keine richtigen Aktien, versteht sich, das wird erst nach der Umwandlung möglich sein. Aber was rede ich! Das wissen Sie so gut wie ich als langjähriger Beobachter der Szene“ …

„Ja.“

… „also zu zeichnen mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass diese später auf Wunsch in stimmrechtslose Anteilspapier umgewandelt werden können unter Garantie einer höheren Dividende von mindestens einem Prozent über der normaler Aktien.“

„Ja.“

„Der Nennwert wird der gesetzliche sein, der Kurswert bereits den Vorstellungen über den Realwert unseres Unternehmens entsprechen.“

„Ja.“

„Möchten Sie unser Vorstellungen erfahren?“

„Ja.“

„Setzen sie sich ganz fest, mein lieber Herr Jablonka!“

„Ja.“

„Wir bieten Ihnen und nur Ihnen sowie wenigen ausgewählten anderen solventen und kapitalkräftigen Investoren die Papiere zu einem Stückpreis von nur … raten Sie mal!“

„Ja.“

„Das können Sie nicht erraten, mein lieber Herr Jablonka, aber wir haben die Chose von einer Treuhandgesellschaft durchrechnen lassen und darauf hundert Prozent aufgeschlagen. Hundert Prozent! Wegen der einmalig lukrativen Aussichten. Sie verstehen?“

„Ja.“

„Also, sehr verehrter Herr Jablonka und zukünftiger Großaktionär unseres expandierenden Unternehmens, wir erwarten einen Stückpreis zum Kurswert von 250 Euro! 250 Euro, mein lieber Herr Jablonka!“

„Ja.“

„Können Sie sich vorstellen, mein bester Herr Jablonka, dass auch nur ein vernünftiger Mensch diesem Angebot widerstehen könnte?“

„Ja.“

„Herr Jablonka! Ich verstehe! Sie wollen damit ausdrücken, dass nicht alle geniale Spekulanten sein können, dass es auch Verlierer geben muss.“

„Ja.“

„Sicher, wo kämen sonst die Gewinner her.“

„Ja.“

„Also, lieber Herr Jablonka, wir rechnen fest damit, dass Sie als Emitent unserer jungen Aktien fungieren werden, das heißt, entschuldigen Sie die kleine Unkorrektheit, emitieren können normalerweise nur die Banken, wie Sie wissen …“

„Ja.“

„ … dennoch gibt es die Möglichkeit, Emissionskosten zu sparen, das nur nebenbei, das muss ich einem alterfahrenen Börsianer nicht erklären, aber als größter Geldgeber können Sie in die Analen unserer Firma eingehen, Sie brauchen nur Ja zu sagen.“ 

„Ja.“

„Ja? Sie sagen ja? Verehrtester, wissen Sie, dass Sie mit diesem Ja das größte Umwandlungswunder aller Zeiten vollbringen?“

„Ja.“

„Wir können also mit Ihnen rechnen, verehrter Herr Jablonka und mit dem entsprechenden Kapital? Ich gratuliere und notiere: Herr Johann Jablonka übernimmt unsere Geschäftsanteile an der AbA Altherrsheim GmbH & CO. KG zu einem Preis von 280,- Euro mal zehn pro GmbH-Anteil wegen der vorgeschriebenen Höhe des Mindestanteils. Sie wissen das, verehrter Herr Jablonka, pro GmbH-Anteil als Vorleistung einer Einführung der Anlageberatung AbA Altherrsheim, … Sie, das werden am Ende ja Millionen!“

„Ja.“

„Herr Jablonka, wir bedanken uns! Auf gute Zusammenarbeit, mein lieber Jablonka! Ich darf doch so sagen, nachdem wir jetzt Partner sind?“ 

„Ja.“

„Die Verträge liegen bereits unterschriftsreif auf meinem Schreibtisch, mein lieber Johann. Darf ich Johann sagen, nachdem wir doch jetzt zusammen gehören?“

„Ja.“

„Und die Unterschrift und den Scheck, dürfen wir die noch heute erwarten oder gar abholen?“

„Nein.“

„Nein?

Ja, warum denn, ums Himmels Willen?

Es war doch alles klar, oder?

Sie haben doch zu allem Ja gesagt!

Jablonka, hören Sie?

Jablonka! Nicht auflegen!“

„Aufgelegt!“

„Verdammter Idiot!“

„Wir brauchen doch dein Geld!“

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