Sie ist eine echte Pariserin und war deshalb todunglücklich, als sie zur Ausbildung nach Roubaix in Französisch-Sibirien beordert wurde, nahe der belgischen Grenze. Aber da sie unbedingt Zollbeamtin werden wollte, musste sie die Verbannung über sich ergehen lassen, wohl in der Hoffnung, bald in die Heimat an der Seine zurückkehren zu können.
Ihre Ausbildung schloss sie mit Auszeichnung ab, weshalb man sie wegen ihrer Deutschkenntnisse statt nach Paris in eine für sie noch schlimmere Gegend versetzte, ins Elsaß, wo sie Land und Leute noch weniger verstand als in Roubaix. Dienst tun musste sie entlang der Rheingrenze, die von St. Ludwig bei Basel bis nach Weißenburg an der Pfälzer Grenze verläuft.
Nun hat das Elsaß für Deutsche viele Besonderheiten. Eine davon ist, dass die Krematorien im Land die Asche der Verstorbenen nicht, wie in Deutschland üblich, an die Friedhofsverwaltungen schicken, sondern diese in Urnen den Angehörigen direkt übergeben. Und da immer mehr Deutsche entlang der Grenzregionen dieses Angebot nutzen, zumal die Krematorien im Elsaß wesentlich preiswerter sind als hier, wurden die Transporte mit der Asche der Verstorbenen über die Grenze hinweg immer häufiger, so dass diese für den Zoll schon alltäglich geworden waren.
Jetzt kam diese Pariserin zu der eingefahrenen Truppe und dort fiel ihr schnell auf, dass erkennbar mehr Urnen über den Rhein zurück transportiert wurden, als Särge zuvor ins Land gekommen waren. Allerdings prüfte niemand, was da eigentlich transportiert wurde. Besonders ein Bestattungswagen aus dem Badischen, der täglich die Grenze passierte, erregte ihre Aufmerksamkeit. Er fuhr nicht über eine der offiziellen Rheinbrücken, sondern über die Dammstraßen bei den Stauwerken. Meistens nutzte er die Route über die Schleuse Gambsheim.
Und niemand kümmerte sich um ihn.
Als Polizei und Zoll wieder einmal Autos überprüften, war auch die dunkle Limousine des Bestatters darunter. Und die junge Zollbeamtin konnte nicht widerstehen: Sie nahm die Urne und öffnete pietätlos den Deckel. Im Behälter fand sie jedoch keine Asche, sondern reines Heroin, verpackt zu je 100g.
Schwarze Limousinen, die Urnen transportieren, werden seither nicht mehr gesehen.
Welche Wege der Rauschgifttransport heute nimmt, das herauszufinden ist der Beamtin neues Ziel.