Dr. Wolfgang Hubach

Können sie sich noch an den alten Lidl-Laden hinter dem Rathaus erinnern?

Was ich hier erzähle, ist dort passiert, und es ist wahr, vielleicht hat der eine oder die andere von Ihnen das miterlebt. Also, ich war dabei, als es gewesen ist. Und so habe ich es auch im Protokoll angegeben, genau so, wie ich es jetzt sage.

Die Frau war gekommen, ich kenne sie vom Sehen, und hat ihr Fahrrad am Supermarkt abgestellt. Auf dem Gepäckträger war eine Holzschachtel festgemacht, mit Blumen darauf, Bauernmalerei, die hat sie leichtsinniger Weise auf dem Träger gelassen, als sie in den Laden hinein ging. Da kamen drei Kerle, ich habe sie gesehen, aber nichts Böses dabei gedacht, obwohl, sie waren wie Malzkaffee im Gesicht. Bis ich mich umgucke, stehen die um das Fahrrad herum, haben es aber nicht wegnehmen können, weil es abgeschlossen war. Aber dann sind sie ganz schnell verschwunden und als ich wieder hinschaute, war die Schachtel fort. Ich habe richtig  gebrüllt „Hä, da, ihr Stromer!“ aber die sind nichts wie weg.

Da kam die Frau aus dem Laden heraus und sah, dass die Schachtel weg war und fing an zu jammern, „Mein Goldstückel! Mein Goldstückel ist fort!“.

Gleich waren alle Leute um sie herum und haben auf sie eingeredet und gefordert, die Polizei müsse kommen. Dann haben sich zwei gestritten, wer kommen müsse. Einer sagte, das sei beim ruhendem Verkehr passiert, da müsse der Dorfsheriff  her. Der andere meinte, nein, das sei Diebstahl oder Raub und Überfall, da müsse die richtige Polizei her.

Die Frau hat aber weitergejammert wegen ihres Goldstückels.

Da kam der Sheriff vorbei und nahm alles in die Hand, das heißt, er hat, wie immer, nichts getan, nur die Leute wegjagen wollen. Einer hatte aber mit seinem Handy die Polizei gerufen, die mit drei Mann kamen, aber nicht, um die Gauner zu suchen, sondern um ein Protokoll aufzunehmen, das sei wichtiger als nach den Dreien suchen zu gehen.

Also trat ich vor zum Zeugen. Dann wollten sie von der Frau wissen, ob das alles wahr sei, was ich gesagt habe, aber sie hat ja nichts gewusst, denn sie war ja im Laden gewesen, als es geschah. Dann haben sie gefragt; „Was war denn in der Schachtel ?“

Da antwortete die Frau: „Mein Goldstückel! Ich wollte auf den Sandbuckel in meinen Garten. Ich habe dort schon ein Loch gegraben, gestern, und jetzt wollte ich mein Goldstückel dort begraben.“

Der Gendarm meinte: „Liebe Frau, das ist aber leichtsinnig, so leichtsinnig, wie die Schachtel auf dem Fahrrad zu lassen. Das muss ja die Verbrecher anlocken. Außerdem, man vergräbt doch nicht ein Goldstückel im Boden, man legt das auf die Bank und kassiert dafür Zinsen.“

„Nein“, meinte die Frau: „Mein Goldstückel, das ich begraben wollte, das war doch kein Goldstückel für die Bank, das war doch meine tote Katz’!“

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