Als er wegen Herzbeschwerden in die Klinik kam, umsorgte sie ihn dort von morgens früh bis zum späten Abend.
Die anschließend angeordnete Rehabilitationskur hätte er gerne alleine angetreten, um einmal ganz für sich zu sein, um alle Gedanken an den Alltag hinter sich zu lassen.
Sie fuhr aber einfach mit ihrem Wagen den Sanitätern hinterher, umsorgte ihn drei Wochen lang von früh bis spät, achtete genau darauf, dass er pünktlich seine Arzneien einnahm und sagte ihm jeden Tag, wie sehr sie sich freue, dass er bald wieder nach Hause dürfe.
Weil er sich weiterhin schonen sollte, brachte das Rote Kreuz ihn zurück. Im Krankenwagen hielt sie die ganze Zeit seine Hand.
Am Abend versuchte sie, ihn zu verführen, er aber war zu müde und schlief gleich ein.
Am nächsten Morgen überraschte sie ihn damit, dass sie für eine Nachkur ein Zimmer in einem Hotel im Hochschwarzwald gebucht hatte.
Das war ihm nicht recht, er wäre lieber in seiner gewohnten Umgebung geblieben.
Da sie aber während der letzten Wochen sich so aufopfernd um ihn gekümmert hatte, stimmte er zögernd zu.
Sie wedelte mit dem Autoschlüssel vor seiner Nase herum und er konnte nicht widerstehen.
Obwohl er leidenschaftlich gerne chauffierte, strengte ihn die Fahrt mehr an, als er gedacht hatte.
Bei Freiburg fragte er, ob sie nicht wechseln wolle.
Sie lehnte ab, denn die Fahrt durch das Höllental sei für sie die Hölle.
Also fuhr er weiter und war dann nach der Ankunft im Hotel völlig kaputt.
Sie ruhten sich zunächst aus, wobei sie ihn in Ihre Arme nahm.
Nach dem Abendessen versuchte sie ihn erneut zu verführen.
Er hätte nach der wochenlangen Abstinenz gerne nachgegeben, aber er schlief ihr wieder unter den Händen ein.
Am nächsten Morgen im Badezimmer versuchte sie erneut, ihn zu ermuntern.
Er gab nach, aber sein wild schlagendes Herz machte ihnen bald alle Hoffnung zunichte.
Der Kurarzt hatte ihm dringend empfohlen, Sport zu treiben.
Also entwarf sie einen Ablaufplan, setzte ihn noch vor dem Frühstück im Fitnessraum auf das Ergometer, ließ ihn vorsichtshalber aber nur 10 Minuten treten und nicht, wie zu Hause gewohnt, eine halbe Stunde.
In der Mittagszeit verordnete sie ihm, als Ersatz für das Radfahren, Schwimmen im Hallenbad.
Während er auf dem Rücken liegend seine Runden zog, lief sie als Beschützerin neben ihm her durch das Wasser..
Da er bald müde war und von den Anstrengungen schwitzte, führte sie ihn aus dem Becken heraus und zum Abkühlen durch die Kneippanlage.
Das Wasser dort war ihm zu kalt, so dass er zu zittern begann.
Da setzte sie ihn in das Dampfbad, damit er sich rasch wieder aufwärmen möge.
Schon nach zwei Minuten begann sein Herz zu rasen.
Er musste raus aus dem heißen Dunst.
Draußen begann er sofort wieder zu frieren.
Zum Ausgleich nahm sie ihn mit in das römische Schwitzbad, setzte ihn auf die warmen Platten und sich an die Wand gegenüber.
Er genoss die mollige Umgebung, die leise Kuschelmusik, die sich wandelnden Sternchen an der Decke.
Er stemmte seine Füße fest gegen die Fußbank.
Ein wohliges Gefühl überkam ihn.
SeinHerz schlug bald angenehm langsam.
Sein Kopf sank immer weiter auf die Brust.
Die Augen hielt er geschlossen.
Sie ließ ihn keinen Moment aus den Augen.
Plötzlich schnellte sein Kopf nach oben.
Mund und Augen waren weit aufgerissen.
Dann sank er in sich zusammen.
Hätte er nicht die Beine fest gegen die Fußbank gestemmt, er wäre von seinem Sitz gerutscht.
Sie saß ihm gegenüber, starrte ihn unverwandt an, eine Minute, zwei Minuten, fünf Minuten.
Er regte sich nicht mehr.
Da rannte sie hinaus und schrie nach einem Notarzt.
Hotelgäste kamen aus dem Ruheraum geeilt.
Ein Herr stellte sich als Doktor Sowieso vor, beugte sich über ihn und fühlte den Puls.
Dann reckte er sich hoch und schüttelte den Kopf.
Inzwischen hatte jemand die Hotelleitung informiert.
Der Manager kam ganz aufgeregt, veranlasste, dass der Tote in einen Nebenraum und später durch den Heizungskeller möglichst unauffällig abtransportiert wurde.
Ein Bestatter brachte den Sarg in des Toten Heimatort.
Sie fuhr in ihrem Auto alleine nach Hause.
Daheim angekommen, stellte sie sich vor den hohen Spiegel neben der Garderobe.
Dort sah sie eine trauernde Witwe, finanziell abgesichert und endlich wieder frei!