Sie trugen beide noch Zahnspangen. Trotzdem fühlten sie schon das Kibbeln im Bauch, wenn sie sich sahen. Und wenn es eine Gelegenheit gab, kamen sie sich auch schon näher.
Eine solche Möglichkeit bot sich manchmal in der großen Pause. Sie versteckten sich hinter den Büschen am Zaun und küssten sich innig. Dabei verhakten sich eines Tages die Zahnspangen ineinander und waren partout nicht mehr auseinander zu kriegen.
Ein anderes Pärchen, das das Versteck ebenfalls kannte und nutzte, fand die beiden. War das eine Aufregung für die Aufsicht führenden Lehrer und war das ein Gaudi für die Mitschüler! Zu Hunderten standen sie um die beiden herum und johlten und blieben auch dann noch stehen, als die Glocke längst zum Pausenende geläutet hatte.
Der Aufsichtslehrer im Pausenhof, zuständig für Religion und Moral und eigentlich verantwortlich dafür, dass solches wie in den Büschen nicht geschehe, begann zu schwitzen und rief in seiner Not den Notfallwagen herbei.
Da tat sich ein neues Problem auf.
Wie sollten die beiden transportiert werden?
Sie waren doch untrennbar Mund zu Mund verhakt.
Vorschrift war aber, sie auf der Trage zu betten.
Da waren die Rettungssanitäter unerbittlich.
Aber dann hätten die beiden ja aufeinander gelegen, entweder er unten, sie oben, oder, noch schlimmer, sie unten, er oben, was die Sittlichkeit verbot.
Sie seitlich zu legen, er gegen sie beziehungsweise sie gegen ihn, war moralisch nicht besser.
Bei dem Gedanken an die Kommentare der Zuschauer schwitzte der Herr Lehrer noch mehr.
Bliebe das Sitzen, angeschnallt mit dem Sicherheitsgurt.
Aber da hätte er oder sie sich mit weit gespreizten Beinen auf den Schoß von ihr oder von ihm schmiegen müssen, was noch prekärer gewesen wäre.
Der moralisch gefestigte Lehrer begann an Stellen zu schwitzen, von denen er bisher gar nicht gewusst hatte, dass er dort Schweißdrüsen hatte!
Auf eine andere Art als liegend oder sitzend angeschnallt aber wollten die Sanitäter die beiden nicht mitnehmen, wegen der Vorschrift.
Schließlich einigte man sich auf einen Kompromiss. Das Paar wurde face to face gegen die Trage gelehnt hingestellt und zusammengebunden, eng, sehr eng!
Zwei Sanitäter und der Herr Religionslehrer mussten sich angeschnallt auf den Seitensitzen sichern und von da aus die zwei fest umklammern, damit sie bei einem Unfall nicht umfallen konnten.
Dass dann ausgerechnet der Lehrer das Mädchen um die Taille fassen musste, war Zufall
Der Schweißproduktion war das auf jeden Fall zusätzlich förderlich.
Die Fahrt verlief dann unfallfrei, trotz Vorschrift.
Den beiden Wildküssern wurden dann bei einem Zahnarzt die Spangen entfernt.
Seither leben sie wieder getrennt.