Dr. Wolfgang Hubach

Der Name Mayer ist nicht gerade selten und wenn einer Frank heißt, kann er leicht mit einem Namensvetter verwechselt werden, wenn der zum Beispiel Franz heißt, so wie es jenem Metzgermeister geschehen ist, der sich aber zu helfen gewusst hatte, als ein bulliger Schuldeneintreiber ihm unrechtmäßig zum ersten und zum letzten Mal zu nahe auf den Pelz rückte. Dem Mayer ist keiner gewachsen, und, zu Unrecht angegriffen, wird der Meister zum Berserker. Er ist dann immer so wütend, dass er nicht einfach Feierabend machen kann, sondern sich erst einmal in der Wurstküche abreagieren muss. So auch damals, an jenem Samstag, die Gesellen waren schon nach Hause gegangen, damals, als es passierte, weshalb er in seiner Wildheit gezwungen war, die halbe Nacht durchzuarbeiten und er auch am Sonntag noch eine Weile im Schlachthaus werkeln musste, um wieder ganz ruhig zu werden. Aber wie das so ist bei ihm, je größer seine Rage, desto köstlicher die Würste, die er in seiner Wut zusammen wurstelt.

So schuf er auch jetzt eine Köstlichkeit, wie sie ihm nie vorher gelungen war und wie sie ihm später auch nie wieder gelingen sollte, einen Saumagen, so zart, als wäre er aus lauter Kalbfleisch gemacht!

Meister Mayer war aber nicht nur Metzger, sondern auch ein anerkannter Geflügelzüchter. Seine große Herde Jersey Giants, richtige Plotzärsche von zehn, zwölf Pfund Schlachtgewicht, waren sein ganzer Stolz, und damit die Riesenvögel auch prächtig gedeihen konnten, hatte er sich eine Knochenquetsche bauen lassen, zwölf stahlharte Zahnreihen unten, zwölf stahlharte Zahnreihen oben, verbunden mit einer langen Hebelstange, damit er selbst die stärksten Knochen zu feinem Gries brechen konnte, den das Federvieh aufpickte wie kleine Steinchen, welche Hühner sowieso zur Verdauung brauchen.

Während jener hohen Zeit seiner Kunst des Saumagenfüllens achtete er ganz besonders darauf, feinste Körnung beim Quetschen der Knochen zu erreichen und als er die letzten köstlichen Fleischstücke zu den letzten kalbfleischzarten Saumagen verwurstelte und als er anschließend das Endstück der Knochen zum Zerkleinern brachte, entfernte er vorher vorsichtshalber die nicht pressbaren Teile und verstaute diese in seiner Anglerjacke.

Am nächsten Sonntag nahm er nicht nur sein Angelgerät mit an den Kiesweiher, sondern auch die Schleuder seines Jüngsten, die der zum Spatzenschießen benutzte. Dort, am Wasser, warf er die Schnur aus, steckte die Rute in die Halterung am Boden, holte aus seiner Jacke die Schleuder und die Teilchen, die er nicht hatte pressen können und schoss diese mitten in den Teich, wo sie auf Nimmerwiedersehen versanken.

Er schoss und schoss und schoss.

Zweiunddreißig Mal. Zahn um Zahn.

© Das copyright liegt bei dem Verfasser.